John Goldsbys vielleicht persönlichstes Album“

Ein Meilenstein für eines der renommiertesten Jazzorchester Europas“

John Goldsby

2024 feierte der Bassist und Komponist John Goldsby sein 30jähriges Jubiläum als Mitglied der WDR-Big Band und zog sich zurück. Aus diesem Anlass erscheint heute, am 7. November 2025, das Album BIG BAND BASS von John Goldsby und Bob Mintzer mit der WDR Big Band.

Sieben Kompositionen stammen aus der Feder des Bassisten selber, arrangiert von dem Saxophonisten und Bandleader Bob Mintzer, einem langjährigen Weggefährten. Jeweils ein Arrangement liefern der Pianist Micheal Abene und der Posaunist Dave Horler. Und ein achtes Stück steuert der Komponist und Arrangeur Vince Mendoza bei – lauter welterfahrene Musiker unterschiedlicher Herkunft! Darüber hinaus besteht die WDR Big Band aus lauter Musikerinnen von hoher Qualität, die schon mit zahlreichen interessanten Gastmusikerinnen zusammen gearbeitet haben.

John Goldsby

Bei seinem Bass-Spiel wie in den Kompositionen hat er sich an dem Ausnahme-Bassisten Red Mitchell orientiert. Aufgewachsen ist er mit Jazz-Standards in Louisville, Amerika. In den 1980ern und -90ern konnte er viel Erfahrung mit Hard Bop in Big Bands in New York sammeln, zum Beispiel bei Lionel Hampton. Gemeinsam mit dem Schlagzeuger Louie Bellson kam er in den 1990ern nach Köln und landete recht bald bei der WDR Big Band. Als er 1994 dort unter Vertrag genommen wurde, zog er mit seiner Familie nach Köln, wo er heute noch lebt.

Während er in den USA und in Deutschland anfangs auch gemeinsam mit etablierten Größen des Jazz vor allem über Standards improvisierte, ging es hier bald eher um die Eigenkompositionen einzelner Musiker*innen, die sie in die Bands einbrachten. Das Repertoire, das gespielt wurde, schien von dem Alter der Mitspieler*innen abzuhängen, eine Frage der Generation zu sein. John Goldsby, der von Anfang an auch selber auch komponiert hatte, tat sich mit den Jüngeren zusammen!

Historischer Exkurs

Für die meisten Jazz-Enthusiasten in Deutschland waren Musiker*innen amerikanischer Herkunft mit ihrem Repertoire jahrzehntelang das Maß aller Dinge gewesen. Das größte Kompliment war es gewesen, „so zu klingen wie das Vorbild“.

Mit dem Aufkommen des Cool Jazz in den 1950er und des Free Jazz in den frühen
1960er Jahren setzte ganz langsam ein Prozess ein, die eigene Kreativität im Sinne des ursprünglichen Prinzips des Jazz „Do your own thing!“ in den Vordergrund zu spielen.

Dass dieses Prinzip in der Jazz-Vermittlung an den Hochschulen gilt, kennt John Goldsby hier nicht mehr anders, im Gegensatz zu den entsprechenden Lehrgängen in den USA. Der Bassist, der über viel Erfahrung im Zusammenspiel mit anderen Musiker*innen und in den unterschiedlichsten Formationen verfügt, fühlte sich diesem Prinzip immer schon verpflichtet. Er folgte dabei ganz natürlich seinem „Feeling“ für Melodien und Rhythmen, die auch die Basis jeder Improvisation bilden.

BIG BAND BASS

Obwohl es sich auf dem aktuellen Album um Kompositionen für eine Big Band handelt, entwickelt John Goldsby die Musik immer auf der Basis von Ensemble-Jazz. Sein Stil richtet sich an selbstständig handelnde Instrumentalist*innen. Die Musiker*innen der WDR Big Band sind es gewohnt, ohne Dirigent*in zu arbeiten. Auch sie reihen sich in die Jazz-Tradition ein, in der jede* Instrumentalist*in jederzeit eigenverantwortlich spielt.

Verbindend seien die Melodien, weswegen die Bandmitglieder sich gegenseitig zuhören können müssen. Der klare Klang einer modernen Big Band unter den heutigen technischen Bedingungen ist dabei von Vorteil, um die einzelnen Instrumente genauer identifizieren zu können.

Die Rhythmus-Gruppe sei der Motor der Band. Sie strukturiert das Zusammenspiel zusätzlich und treibt es an. Sie kann es zum Swingen bringen oder Leichtigkeit vermitteln. Mit dem Schlagzeuger Hans Dekker, niederländischer Herkunft, hat John Goldsby nun jahrzehntelang vertrauensvoll in der WDR Big Band zusammengearbeitet. Die Beiden konnten ihre eigenen Töne sehr gut aufeinander abstimmen.

Die Notwendigkeit einer klaren Struktur in der Musik für eine Big Band verstärkt John Goldsbys Erfahrung nach das Freiheitsgefühl beim Improvisieren, das vielleicht höchste Gut im Jazz! Während er schon zahlreiche Kompositionen veröffentlicht hat, kann gar nicht mehr sein ohne zu komponieren. Insofern wird John Goldsby weiterhin aktiv bleiben.

BIG BAND BASS