Die Vielen Vorkämpfer und Vorkämpferinnen
In Bezug auf ihre Verortung in der „Deutschen Republik“ der 1920er Jahre habe auch ich die Protagonist*innen innerhalb der Kultur-Szene, die im Sinne des „Weimarer Geists“ mit einer unterschiedlich starken Tendenz zum linken Spektrum agierten, als „Kämpfer*innen auf verlorenem Posten“ bezeichnet. Doch das ist Geschichte!
– Der „Geist von Weimar“ stand für Demokratie, für Liberalität und eine friedliche Außenpolitik. –
Aus heutiger Sicht sollten wir sie uns zum Vorbild nehmen. Sie waren Vorkämpfer und Vorkämpferinnen auf der kulturellen Ebene, die in Wort, Ton und Bild Freiheit, Menschlichkeit und Solidarität forderten, auch über Grenzen hinweg. Letzten Endes waren sie damals zu Wenige.
Heute sind wir Viele, die so denken und Vielfalt wollen. Und der Posten derer, die für Demokratie eintreten, ist keineswegs verloren. Und doch ist es nötig, das linke Spektrum zu stärken. Weil unsere Demokratie nicht selbstverständlich ist, wird es Zeit, dass wir uns zeigen, kunterbunt und mit Humor, Kunst und Kultur. Um mit Walter Mehring und Marcellus Schiffer zu enden, bleibt uns „keine Zeit, keine Zeit, keine Zeit“, „sonst rasen wir nur und kommen nicht weit“! https://dievielen.de/der-verein
In seinem Buch „Die Republik der Außenseiter, Geist und Kultur in der Weimarer Zeit 1918 – 1933“ plädiert der Historiker Peter Gay für eine weitgehende Kontinuität auf der kulturellen Ebene seit der Langen Jahrhundertwende, vom Kaiserreich bis zum Ende der Weimarer Republik. Unmöglich wäre dies hingegen in Bezug auf den Faschismus!
„Die kulturellen Errungenschaften, die man so oft als eine Erfindung der Weimarer Republik angesehen hat, waren um 1918 schon vorhanden.“ (Gay, S. 12) Als Beispiele führt er in der Kunst die Wandlung vom Impressionismus zum
Expressionismus an. Auch „Dada, die Auflehnung der Künstler gegen die Kunst, erblickte [schon] während des Krieges in Zürich das Licht der Welt .. und schlug sein Hauptquartier während der ersten Weimarer Jahre in Berlin auf. (Ebd. S. 24)
Darüber hinaus hatte die entfesselte politische Satire in den Kabaretts während der Republik ihren inhaltlichen und stilistischen Ursprung z. B. in Heinrich Manns „Der Untertan“ von 1914 oder in Walter Mehrings frühen politischen Liedern. (Vgl. ebd. S. 22 19ff.)
Das Wilhelminische Deutschland war zwar ein konservativer und repressiver Obrigkeitsstaat, aber keine Diktatur. „Die Bewegung der Moderne lebte in der Opposition.“ (Ebd. S. 20)
Und dort war Kosmopolitismus selbstverständlich gewesen trotz der berüchtigten Heinze-Zensur ( Verbot von Darstellungen „unsittlicher“ Handlungen und von <“Pornografie“ in Literatur, Malerei, Bühnenstücken oder Filmen). Im Kaiserreich genau wie in der Republik standen Künstler*innen in einem freien Austausch, sie waren Weltbürger! (Vgl. ebd. S. 23) Und diese natürliche Weltbürgerlichkeit konnte dem „Weimarer Stil“ Rückhalt bieten. (Vgl. ebd. S. 25) Er war bezeichnend für Demokratie, Liberalität und Interkulturalität.
Es brauchte schon die Republik, demokratische Verhältnisse, um das Vorhandene vollends zur Geltungen zu bringen. Expressionist*innen oder Dadaist*innen kamen hier ganz anders zum Tragen. (Vgl. ebd. S. 21) Anderweitig Begabte, die in der „alten Zeit“ keine Chancen gehabt hatten, gelangten nun auf Positionen mit Macht oder Reputation und konnten fortschrittlich, modern und demokratisch walten. Vgl. ebd. S. 36) Und das ganz offiziell!
Angesichts der aktuellen Bedrohung von Rechts müssen wir also unbedingt aktiv werden, um die heutige Demokratie im Sinne des „Weimarer Geists“ zu stärken! – https://dievielen.de/projekte/shieldshine
Peter Gay, Die Republik der Außenseiter, Geist und Kultur in der Weimarer Zeit 1918 – 1933, Frankfurt am Main 2004: