Die Herren der Schöpfung
Sie hatten ihre Lehre aus dem Ersten Weltkrieg gezogen. Ostern 1919 verliehen sie ihrer Forderung in einem Trauer-Marsch durch die Straßen Berlins Ausdruck : „Jedem sein eigener Fußball!“. Das so genannte Blatt und seine Urheber, eine Dadaisten-Gruppe, fielen sofort der Zensur zum Opfer. Dies untermauerte die Haltung ihrer Mitglieder allerdings nur, darunter Walter Mehring.
Der Dada-Dichter, Zeit-Kritiker und Chanson-Schreiber Walter Mehring war in den 1920er Jahren berühmt für seine scharfen satirischen Texte.
Geboren worden war er 1896 als Sohn einer Opernsängerin und des Journalisten Sigmar Mehring in Berlin. Der Vater war Redakteur beim Ulk, der satirischen Beilage des Berliner Tagblatts, und SPD-Mitglied. (vgl. zwischen Kabarett und Avantgarde, S.5)
Der Gegner jeder Zensur machte seinen Sohn schon früh mit der Welt der französischen Aufklärer bekannt. Walter Mehring begann sich darüber hinaus für den italienischen Futurismus zu interessieren und verfasste bald schon erste expressionistische Gedichte. Er engagierte sich in der Berliner Dadaisten-Gruppe und trat, wie auch Kurt Tucholsky, den Revolutionären Pazifisten bei. (vgl. ebd., S. 6 f.)
Krieg: 1914 starb der Vater und begann der Erste Weltkrieg. Nachdem Mehring 1916 eingezogen wurde, entließen sie ihn noch vor Kriegsende wieder als „Vaterlandsverräter“ wegen seiner ´dubiosen` politischen und künstlerischen Verbindungen. (vgl. ebd., S. 8)
Der Rebell
Zurück in Berlin schlug er dich auf die Seite der intellektuellen radikalen Linken, der Opposition zur Weimarer Republik und ihrem Kanzler von der SPD, und sympathisierte mit den Arbeiter- und Soldaten-Räten (vgl. ebd. S. 25 f.). Der Autor feilte beständig weiter an den Themen, die ihn umtrieben. Die gleichgültige Gesellschaft unterzog er einer umfassenden Kritik. Ihre offiziellen Repräsentanten überzog er mit Hohn und Spott und warnte von Anfang an vor den rechten Profiteuren. Vehement attackierte er die Deutschnationalen und Nationalsozialisten in all seinen Publikationen. Beißende Satire und eine frühe Ahnung der kommenden Katastrophe gestalteten seine Texte so aufrührerisch und unbequem.
Walter Mehring, der linke Bänkelsänger“
Da bot sich ihm das literarische Kabarett als Betätigungsfeld geradezu an, das dominiert wurde von Gestalten der Berliner unter-Welten, ´Außenseiter*innen` wie ihm. (vgl. ebd., S. 24) Nach „der miserablen Geschichtstragödie des 1. Weltkriegs, [müsse] den Größenwahn-witzigen Generälen und gekrönten Häuptern der Spott und die Satire entgegen gesetzt werden.!“ (ebd. S. 29). „Unverschämt und scheiß-frech“(ebd. S.30) müsse das aktuelle Kabarett konfrontieren. Er verpasste dem Genre praktisch einen eigenen Stil (vgl. ebd., S. 144). Trude Hesterberg oder Blandine Ebinger sangen die Lieder des „“linken Bänkelsängers“ (ebd.) aus dem Berlin der 1920er Jahre. In seinen Chansons verband er Sprache mit den modernen Rhythmen.
In der Folge wich das Direkte immer allgemeineren politischen Aussagen, oft zum Ausdruck gebracht in Form von Bildern. Die Außenseiter-Existenzen, die das Kabarett bevölkerten, bestärkten Walter Mehrings Tendenz, für sich die Position des Beobachters am Rande zu wählen. Hierbei kam ihm der Rationalismus zu Hilfe, der ihm als Kind von seinem Vater vermittelt worden war. Nun betrachtete er das Spektakel des Lebens aus der Distanz der Satire.
Der Poet
Nachdem er in dieser Phase, den „Goldenen Zwanziger Jahren von 1924 bis 1929, nur Weniges veröffentlichte, erwachte sein offen politisches und kreatives Engagement 1929 mit seinem Drama „Der Kaufmann von Berlin“ und dem Oratorium „Krieg, Frieden und Inflation“ an der Piscator-Bühne wieder zu vollem Leben. Der Marxist Erwin Piscator verfolgte mit seiner Bühne das Ziel, ein revolutionäres Theater zu etablieren. Auch der Dramatiker und linke Politiker Ernst Toller arbeitete inhaltlich mit an diesem Konzept. Walter Mehrings Drama löste allerdings in rechten und sogar in liberalen Kreisen eine derartige Empörung aus, und sogar Hetzkampagnen, dass Erwin Piscator das Stück absetzen und seine Bühne schließen musste (vgl ebd., S. 144 f.).
Ab 1933 wurde sein Aufenthalt im nationalsozialistischen Deutschland lebensgefährlich für ihn, auch seiner jüdischen Herkunft wegen. Walter Mehring hatte die ´Ehre`, zu den verhasstesten Literaten der Nazis zu gehören. Goebbels forderte in seinem Stürmer „An den Galgen“ mit ihm (vgl. S. 9)! Glücklicherweise wurde der Zeit-Kritiker noch rechtzeitig gewarnt und konnte kurz vor dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 nach Paris entkommen. Die anderen Etappen seines Exils während der folgenden zwanzig Jahre waren Wien, Hollywood und New York. (Vgl. ebd., S. 10 – 13)
1953 kehrte er nach Europa zurück, wurde in Berlin aber nicht heimisch. Er verbrachte seine letzten Jahre seines Lebens in Zürich, wo er 1981 starb. (vgl. ebd., S. 15 ff.)
Literatur:
Hellberg, Frank, Walther Mehring, Schriftsteller zwischen Kabarett und Avantgarde, Bonn 1983
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