BERLIN HAT DEN JAZZ
Rudolf Nelson wurde 1878 als Rudolf Lewinsohn geboren. Anfang des 20. Jahrhunderts beschloss er, sich ganz der Kleinkunst zu widmen. 1908 eröffnete er Unter den Linden das „Chat Noir“, ein literarisch-musikalisches Kabarett für ein bürgerliches Publikum. Er schrieb bereits in den 1910er Jahren Revuen, 1912 „Chauffeur, ins Metropol!“ und komponierte Operetten. Alles mit modernen amerikanischen Rhythmen und Tänzen. (vgl. Bratfisch, S. 20)!
Ein Kabarett-Komponist der Weimarer Republik
1919 gründete er die „Nelson-Künstlerspiele“ als Vorläufer für das Nelson-Theaters. Das Haus am Kurfürstendamm betrieb er dann ab 1921. Hier verwirklichte er seine Vorstellung von einem rein musikalischen Kabarett. Für das Programm, aber auch für andere Spielstätten, schrieb er in den Zwanziger Jahren zahllose Revuetten. Da sie prachtvoll ausgestattet, aber eher unpolitisch waren, standen sie ganz im Zeichen der Goldenen Zwanziger. Somit setzte sich die zweite Phase der Weimarer Republik auch in dieser Hinsicht krass ab von den hoch-politischen, weil sehr umstrittenen und umkämpften, Jahren unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg ab. Marlene Dietrich, Hans Albers oder Claire Walldoff sangen seine Lieder. Kurt Tucholsky oder Marcellus Schiffer schrieben die Texte zu seinen Revuen. So steuerte er 1930 zum Beispiel die Musik bei zu der Kabarett-Revue „Der rote Faden“, an der auch Friedrich Hollaender mitwirkte. ( Vgl. Trageser, Martin, „Es liegt in der Luft eine Sachlichkeit“, Die Zwanziger Jahre im Spiegel des Werks von Marcellus Schiffer (1892 – 1932), Berlin 2007, S. 73).
Josephine Baker bei Rudolf Nelson in Berlin
1926 gelang es Rudolf Nelson, die Tänzerin und Sängerin Josephine Baker nach Berlin zu locken. Mit der Show „La Revue Negre“ sollte sie einziehen in das Große Schauspielhaus. Tatsächlich war sie in einem Solo-Programm mit ihren legendären Charleston im nur im Nelson-Theater zu erleben. Angeblich sogar in ihrem Bananen-Rock!
Zwei Jahre später konnte Rudolf Nelson sie für seine Revue „Bitte einsteigen!“ gewinnen, gemeinsam mit den Weintraubs Syncopators im Theater des Westens.(vgl. Bratfisch, S. 61). Geschrieben hatte die Musik Friedrich Hollaender (vgl. ebd., S. 50).
Mit diesem Ensemble war Rudolf Nelson zu guten Stücken dafür verantwortlich, dass die Stadt Berlin ihren Ruf als „Hauptstadt des Vergnügens“ behaupten konnte.
Während des Nationalsozialismus
Nach 1933 musste er seiner jüdischen Herkunft wegen vor den Nazis ins Ausland flüchten. Seine Stationen waren Wien, Zürich und Amsterdam. Überall blieb er seiner Berufung zum Kabarettisten treu. In Amsterdam gründete er das Exil-Kabarett. Neben seiner Person trugen alte Berliner Bekannte wie Max Ehrlich oder Willy Rosen in Gastbeiträgen dazu bei, dass auch dieses Kabarett zu einer Institution wurde.
Nach Kriegsende kehrte Rudolf Nelson nach Berlin zurück, wo er 1960 starb.
(1929) Wenn Du meine Tante siehst – Rudolf Nelson und Weintraub Syncopators
Rudolf Nelson’s Shimmy – Der Harem vom Kurfürstendamm, 1924
Siehe auch: KIND OF GOLDEN – Der neue Westen